KRISTIAN BOCHNICK

IWW-Lehrgang

Agil + Lean im Planungsbüro 5.0

24. bis 26.09.2024 | Köln

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Klare Workflows fördern Eigenständigkeit und Sicherheit – im Büro und im Home-Office.“


Interview mit Kristian Bochnick, Leitung Qualitätsmanagement und Personal, EWT Ingenieure GmbH, Grebenhain, zur Praxis „Agil+Lean“ (und Corona). 

Im November 2019 haben Sie am Workshop „Agil+Lean im Planungsbüro 5.0“ teilgenommen. Was haben Sie für sich und Ihr Büro mitgenommen?


Mit unserem Projekt „EWT 2.0“ beschäftigen wir uns schon seit einiger Zeit auf unsere Weise mit dem Thema Lean – Stichwort: schlanke Prozesse! So haben wir Standards und Workflows für die Bearbeitung aller Leistungsphasen erarbeitet. Zentrale Ziele sind dabei klare und verbindliche Leilinien für die Projektbearbeitung zu haben und Schnittstellen zu optimieren. Dafür haben wir das Leistungsbild der HOAI in eine verständliche Sprache mit klaren Handlungsanweisungen überführt. Projektarbeit soll Spaß machen. Spaß haben wir dann, wenn klar ist, was wir zu tun haben – und das gut schaffen.

Die HOAI Grundleistungen sind einfach zu bearbeiten, wenn einem bewusst ist, dass sie immer ähnlich anzuwenden sind. Individuell sind nur die Projektaufgabenstellung und der Projektrahmen. Abgearbeitet werden diese auf immer gleiche Weise. 


Also Reduktion von Verschwendung und Ressourcenschonung, wie man im Lean Management sagen würde. Oder anders: keine Umwege und unnötige Mehrarbeit. Wie sieht denn das konkret für ein TGA-Büro aus?

Wir haben zunächst unsere Leistungsphasen in Leistungsschritte gegliedert, z.B. die Leistungsphase 1 in die fünf Schritte: „Beraten“, „Ermitteln“, „Analysieren“, „Klären“ und „Erläutern“. Zu jedem Schritt haben wir Aufgabenpakete definiert und aus diesen einen Workflow erstellt. Also fünf Schritte mit fünf Workflows. Jeder Workflow besteht aus drei bis sieben Unterschritten mit stichpunktartigen Leistungsbeschreibungen. Und bei allen Leistungen gibt es Links zu Vorlagen. 

Haben Sie mal ein anschauliches Beispiel – auch für nicht TGA-ler ? 

Nehmen wir mal den Schritt 1 „Beraten“. Für den gibt es etwa den Unterschritt „Kostenrahmen pro Gewerk“, dazu die Leistungen „Kennzahl nach Gebäudetypologie“ und „Flächenkennwerte“ und dazu noch den Link zum „EWT Gebäudekennzahlenkataster aus Lph.8“. So geht das dann step by step weiter. Jeder Mitarbeiter kann anhand des standardisierten Workflows lückenlos seine Arbeit strukturieren, findet direkt die passenden Vorlagen.


Struktur in die Kosten zu bringen ist ja ein Anliegen, dass klassisches Projektmanagement mit Lean vereint. Wie geht es in der Projektbearbeitung mit dem Beispiel „Kosten“ weiter?

In unserem Workflow haben wir ab der Leistungsphase 2 eine Kostenstruktur angelegt, die sich in den „Zentralen Bereich“, den „Verteilbereich“ und den „Feldbereich je Gewerk“ untergliedert. Diese Kostenstruktur wird im Vorentwurf mit einer „Technischen Konzeptmatrix“ und einer „Konzeptbeschreibung“ ergänzt. Aus beiden geht anschaulich hervor, in welchem Gewerk, welche Maßnahmen zu welchen Kosten vorgesehen sind. Matrix und Beschreibung werden über alle Leistungsphasen fortgeschrieben. Kosten und technisches Konzept stehen von Anfang an damit auf einer zuverlässigen Basis.


„EWT 2.0“ ermöglicht also eine optimale Prozessplanung. Da ja nicht immer alles nach Plan läuft, stellt sich die Frage nach der Agilität, der Flexibilität. 

Erst nochmal zu den Vorteilen der Standards. Wir haben diese zunächst für die Leistungsphasen 1 bis 3 eingeführt. Wir setzen hier insbesondere unsere jungen Mitarbeiter ein. Die sind begeistert von den Leitlinien. Es gibt recht wenig Rückfragen bei sehr guten Ergebnissen. Die weiteren Leistungsphasen übernehmen dann die „alten Hasen“. 

Und dann zur Beweglichkeit. Da die Mitarbeiter nun auf die gleiche Weise vorgehen, ist die Zusammenarbeit zwischen eben diesen Leistungsphasen und auch den Disziplinen in unserem Haus spürbar effizienter als früher. Anhand der Strukturen stimmen wir in kurzer Zeit die anstehenden Aufgaben ab. Die Ergebniskontrolle ist auch einfacher geworden. Wir arbeiten noch nicht mit Kanban, also Aufgaben-Boards, um den Workflow zu visualisieren. „EWT 2.0“ gibt uns jedoch eine Super-Struktur zur individuellen und zur gemeinsamen Aufgabenorganisation. 

Um agil in Planungsteams agieren zu können, braucht es insbesondere gesicherte Teilergebnisse, mit denen Andere weiter arbeiten können. Nicht linear Aufgaben abarbeiten, sondern integrativ miteinander Lösungen entwickeln. 

Genau: Unser Workflow ermöglicht es den Kollegen innerhalb der Prozessschritte je Leistungsphase bereits Teilergebnisse zu veröffentlichen. Diese werden im gesamten Projektteam geteilt, um den Projektfluss mit allen Beteiligten bestmöglich zu bedienen. 

Und damit kommen wir zu einem sehr wichtigen Learning aus dem Workshop: Wir kommunizieren öfter und regelmäßig miteinander, orientieren uns dabei an den drei Fragen des Daily Scrum: Was habe ich seit dem letzten Mal gemacht? Was hindert mich? Was mache ich bis zum nächsten Mal? 

Scrum aus der IT, dessen Prinzipien wir auf die Planungsbranche übertragen haben. Kurz gesagt: im Team Arbeit planen, das Vorgehen fortlaufend und gemeinsam kontrollieren, bei Bedarf ergebnisorientiert neu justieren. 

Ja, dieses Prinzip wenden wir in allen Besprechungen an, übrigens auch mit Bauherrn. Das wird gut angenommen. In der Zusammenarbeit mit Architekten sorgen wir anhand unserer „EWT 2.0 Workflows“ für eine frühzeitig und regelmäßig abgestimmte Projektplanung, in der klar wird, wann wer bereits Zwischenergebnisse für seine weitere Arbeit vom anderen benötigt. Die Austausche sind sehr fruchtbar. 

Kommen wir nun zu „Corona“. Gibt es Effekte in den Zeiten der persönlichen Distanz? 

Eine klare und verbindliche Struktur zu haben, gibt uns in der Geschäftsführung wie auch jedem einzelnen Projektbearbeiter in seinem Home-Office ein hohes Maß an Sicherheit und Orientierung. Vermeintliche Missverständnisse durch die nun mal eingeschränkte Kommunikation am Bildschirm können wir zumindest reduzieren. Wir wollen Eigenständigkeit auch über Distanz fördern. Das braucht Übung und Spielregeln. 

Gibt es noch etwas, das Sie vielleicht an Kollegen weitergeben möchten?

Im Workshop haben wir ja nicht nur Methoden kennen gelernt, sondern auch strategische Hinweise bekommen. Dazu gehören für uns, und sicher auch für andere: die Einführung neuer Arbeitsweisen braucht Geduld. Anfangen in kleinen Schritten und mit Piloten, also Menschen, die was ausprobieren wollen, und dann die Streuwirkung der Erfolge und der Begeisterung der Vorreiter fördern. 

Das Interview wurde geführt von Edgar Haupt, Lehrgangsleiter,
www.agiles-planungsbuero.de

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